Doppeljubiläum Siegfried Hanus
90. Geburtstag & 70. Vereinsjubiläum
Anlässlich des 90. Geburtstages und 70. Vereinsjubiläums unseres Siegfried “Sigg” “Chef” Hanus fand am 30. Juni 2019 ein kleiner Empfang im Bootshaus Pirna statt. Ehrengäste, der Vorstand sowie unzählige Mitglieder nutzten die Gelegenheit für Gratulationen, aber auch insbesondere für Danksagungen für ein unvergleichliches, aber auch anhaltendes Lebenswerk. Highlight dieser Danksagungen war dabei die eigens durch den Vorsitzenden Johannes Zeibig vorbereitenden Rede, welche die Größenordnung des unglaublichen Engagements sowie das Lebenswerk unseren Chefs verdeutlichte:
Siegfried Hanus – ein Leben für den Pirnaer Rudersport
– anlässlich seines 90.Geburtstages am 30.06.2019
Siegfried Hanus – 70 Jahre für den Rudersport:
zuerst als aktiver Sportler, später dann als Trainer, Ausbilder und treibende Kraft für den Verein. Schon zu DDR-Zeiten war er langjähriger Sektionsleiter und ergriff sofort nach der Wende die Initiative, um den Pirnaer Ruderverein wiederzubeleben – und all dies stetig im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements parallel zu seiner beruflichen Tätigkeit. Als Ehrenvorsitzender unseres Vereins ist er nach wie vor bestens über die wichtigsten Vereinsaktivitäten informiert, sein Rat und seine Ideen sind über die Jahre hinweg auch noch heute von größtem Wert.
Anlässlich unserer heutigen Ehrungsveranstaltung möchte ich nun etwas ausführlicher auf einige seiner Lebens- und Sportabschnitte eingehen.
Im Juni 1949 trat Siegfried Hanus als Zwanzigjähriger in die bestehende Rudersektion der Betriebssportgemeinschaft Kommunales Wirtschaftsunternehmen (BSG KWU) Pirna ein. Bereits zwei Jahre später, von 1951 bis 1956 startete er erfolgreich bei Wettkämpfen. Einen Großteil seiner Erfolge erreichte im „Vierer im Steuermann“.
1957 begann seine Tätigkeit als Übungsleiter und Trainer, hauptsächlich im Jugend- und Männerbereich. Für diese Aufgabe besuchte er zahlreiche Übungsleiter-Lehrgänge und sportliche Weiterbildungen, schloss schließlich mit der höchsten Qualifizierungsstufe des DDR-Ruderverbandes ab.
Siegfried Hanus brachte das Rennrudern in Pirna auf ein hohes Leistungsniveau im Rahmen der Betriebssportgemeinschaften. Talentierte Kadersportler wurden zum Club, dem SC Einheit delegiert, später dann dem Landes- und Bundesstützpunkt nach Dresden übergeben. Auf Basis seiner Arbeit erwuchsen später Deutsche Meister, Weltmeister sowie erfolgreiche Olympioniken. Pirnas Ruderer wurden weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinweg bekannt.
Parallel dazu lenkte er in verantwortlicher Funktion die Sektion Rudern der 1957 entstandenen „BSG Fortschritt Pirna“ und war schließlich zahlreiche Jahre deren Vorsitzender. Vieles wurde unter seiner Leitung bis zur Wende 1989 bewegt.
1957 kämpfte er um den Wiederaufbau des durch das Gottleuba-Hochwasser zerstörten Bootshauses. Später erfolgte dann wieder Erweiterung der Hallen und Sanierung des Geländes. Mit der Zusammenführung der Pirnaer Ruderer im Fortschritt-Bootshaus Anfang der 70er-Jahre wurde ein weiterer Meilenstein erreicht. Mit den Feierlichkeiten um das 100-jährige Vereinsjubiläum im Jahr 1972 leitete er einen weiteren wichtigen Höhepunkt unserer Vereinsgeschichte ein.
Mit der Wende 1989 veränderte sich vieles, auch in der Sportlandschaft. Aus den Betriebssportgemeinschaften wurden Vereine, aus der BSG Fortschritt wurde der Mehrspartenverein SV Fortschritt Pirna mit seiner Ruderabteilung. Doch Siegfried Hanus hatte noch ein weiteres Ziel. Mit dem Jahreswechsel 1991/92 setzte er sich mit all seiner Kraft für die Wiederbelebung des Pirnaer Rudervereins e.V. ein – ein großer Meilenstein für die Pirnaer Rudergeschichte. Er erfüllte damit ein Vermächtnis, welches ihm zu Beginn seiner eigenen Rudererlaufbahn von dem damaligen Vorsitzenden Albert Mohrmann übertragen worden war. Mohrmann hatte dem „jungen Hanus“ einen Koffer voller Unterlagen zur Aufbewahrung übergeben. Er vertraute auf sein Können und legte ihm ans Herz, sich eines Tages für die Wiederbelebung des Vereins einzusetzen, wenn die Zeit dafür gekommen war. 1992 war es schließlich soweit.
7 ehemalige Mitglieder belebten den 1945 enteigneten Pirnaer Ruderverein wieder. Anschließend wechselten die Aktiven mit Zustimmung durch den SV Fortschritt Pirna in den Pirnaer Ruderverein. Siegfried Hanus übernahm selbst den Vorsitz, meisterte mit der ersten Vorstandsgeneration und vielen tatkräftigen Unterstützern die schwierige erste Zeit. Nach der Wiederbelebung erfolgte die Rückübertragung des Hauses und des dazu gehörigen Grundstückes in den eigenen Besitz. Dabei war ihm die Unterstützung durch die Stadt und den Kreis sicher. Die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen am Bootshaus und der darin befindlichen Gaststätte schlossen sich an, einschließlich der Beschaffung der dafür erforderlichen finanziellen und materiellen Mittel.
Der Sportbetrieb war in all der Zeit jedoch immer das Herzstück seiner Vereinsarbeit. Siegfried Hanus erweckte in so einigen jungen Sportlern die Leidenschaft für das Rudern. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dabei den heranwachsenden Jugendlichen, mit denen er auf Regatten in ganz Deutschland, später auch international unterwegs war. Schnell überstieg die jährliche Siegesanzahl die 100er-Marke. Als Trainer hatte er daran einen großen Anteil.
Nur die sportlichen Erfolge zu betrachten, würde ihm allerdings nicht gerecht. Mindestens ebenso maßgeblich sind die erzieherischen Werte zu betrachten, die er in all den Jahren in seinen Sportlern formte und entwickelte. Wie kaum ein anderer hat er es verstanden, jungen Menschen Werte wie Ehrlichkeit, Disziplin, Ausdauer, Zielstrebigkeit und insbesondere auch ein Mannschaftsgefühl – also Teamgeist, wie man heute sagt, zu vermitteln.
Viele seiner Schützlinge hat er auf dem Weg ins Berufs- und Erwachsenenleben mit Rat und Tat begleitet. Er half, wenn es notwendig war, besorgte Lehr- und Ausbildungsstellen oder zeigte auf, wie ein Problem zu lösen sei. Einer seiner Ehemaligen sagte einmal „Herr Hanus hat mir während meiner Trainingszeit den Vater ersetzt.“ Mehr Würdigung kann man für sein Engagement nicht erfahren. Der Trainer ist eben nicht nur ein Trainer, sondern Vertrauensperson und Ansprechpartner. Siegfried Hanus ist ein Vorbild für diese Idee. Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, dass auch harte Entscheidungen getroffen werden mussten, die schmerzten und wo manchmal eben auch Tränen flossen. Aber nur so wächst man.
Auch sachsenweit hatte Siegfried Hanus seinen Anteil an der rudersportlichen Entwicklung. Der Verein richtete in der Zeit nach der Wende erfolgreich zwei Landesmeisterschaften aus. 1996 wurde unter seiner Leitung das zentrale Wanderrudertreffen des Verbandes organisiert. Als erster ostdeutscher Verein konnten für dieses unvergessliche Erlebnis 600 Teilnehmer begeistert werden. Ein Jahr später erhielt der Verein mit Sigg an der Spitze zum Anlass des 125-jährigen Vereinsjubiläums für sein sportliches Engagement die Sportplakette des Bundespräsidenten. Sie galt als die höchste staatliche Auszeichnung für Vereine im Breitensport.
Unzählige unvergessliche, aber oft eben auch weniger positive Momente prägten Siggs Ruderfunktionärsleben. So stand der Verein durch die Jahrhundertflut 2002 vor einer großen Bewährungsprobe. Das Bootshallen-überflutende Hochwasser richtete enorme Schäden am Haus und dem Bootspark an. Sofort stellte sich Siegfried Hanus mit dem Vorstand an die Spitze der Aufräumarbeiten, der Schadensaufnahme und der Einleitung wichtiger Sanierungsmaßnahmen. Dank seiner über die Jahre gepflegten Kontakte halfen viele Rudervereine aus allen Teilen Deutschlands. In gleichem Maße galt es auch 2013 noch einmal, die Beseitigung von Hochwasserschäden in Angriff zu nehmen.
Leider ist die Zeit, als Siegfried Hanus fast täglich im Bootshaus anzutreffen war, vorüber. Aus gesundheitlichen Gründen muss der Jubilar nach Jahrzehnten des Engagements etwas kürzer treten. Nichtsdestotrotz ist er stets über die Neuigkeiten und Ereignisse im Verein informiert und hält sich auf dem Laufenden. Aber jeden Mittwoch im Winter geht nix ohne unseren „Chef“. Jede Woche aufs Neue leitet er die Frauen-, Männer- und Freizeitgruppen durch das Hallentraining. Dabei staunen die Aktiven nicht selten, was sich der alte Trainerfuchs jedes Mal aufs Neue so ausdenkt. Aber auch Traditionelles ist erhalten geblieben. Wenn Siegfried „zur Mitte“ bittet, kann nur „Strecken, Spreizen, Zusammen….“ folgen – eine einzigartige Bauchmuskelübung, an der man auch einen Tag später noch seine Freude hat.
Siggs Wanderruderstaffelstab haben jetzt ebenfalls die nachfolgenden Generationen übernommen. Seine Idee zur besten Wanderruderzeit Anfang Juni auf den schönsten Gewässern Deutschlands unterwegs zu sein, bleibt bis jeher bestehen, auch wenn sie nun leider ohne seine Leitung stattfinden muss. Doch im Herzen, per Bericht und Fotos ist er immer mit dabei.
Auch viele Sportfreundschaften mit anderen Vereinen verdanken wir seiner Führung. Eine besondere Verbindung halten wir auch heute noch mit den Berlinern von Baume vom Richtershorner RV sowie Lok, dem Eisbahnsportverein Schmöckwitz, den Bernburger und den Ulmern. Stets sehr gepflegt hat er auch die Freundschaft zu den tschechischen Vereinen in Usti, Litomerice, Decin und Melnik, deren Regatten wir bis heute gern besuchen.
All diese Leistungen blieben natürlich nicht unbemerkt. So erfuhr er verdienterweise auch zahlreiche Auszeichnungen und unvergessliche Momente der Wertschätzung für seine ehrenamtlich geleistete Arbeit. Im Jahre 2001 wurde Siegfried Hanus für sein außergewöhnliches Engagement mit dem „Bundesverdienstkreuze am Bande“ durch den damalig amtierenden Bundespräsidenten Prof. Dr. Kurt Biedenkopf ausgezeichnet. Der Laudator hob bei der Übergabe in Pirna die Lebensleistung des Ausgezeichneten hervor. So hieß es: „Der Einsatz von Siegfried Hanus trug erheblich zur Bewahrung und Wiederbelebung einer unverwechselbaren Tradition um den Rudersport in der Großen Kreisstadt Pirna bei.“
Im Januar 2008 würdigte die Stadt Pirna seine Leistungen mit dem Ehrenamtspreis zum Neujahrsempfang. Zum Anlass seines 80. Geburtstages wurde ihm die Ehre zuteil, sich in das Goldene Buch der Stadt Pirna eintragen zu dürfen. Mit einem großen Ruderspalier vor dem Rathaus und einer großen Bootsausfahrt dankten die Mitglieder und der Vorstand ihrem Ehrenvorsitzenden und Trainer für seine Lebensleistung.
Als den schönsten Dank und die größte Anerkennung empfindet es unser Sigg jedoch, wenn sich ehemalige Sportler, also bekannte „Knusperköppe“, wie er sie liebevoll nennt, nach Jahren wieder im Verein zusammenfinden und Geschichten seiner Karriere austauschen. Immer wieder kommt dann zum Ausdruck:
Der Pirnaer Ruderverein – als heute einer der bedeutendsten Sportvereine in Pirna und der Größte Sachsens – ist sein Lebenswerk.
Sein Wirken für das Rudern in Pirna ist beispiellos. Es ist ein Leben für den von ihm so geliebten Rudersport.
Der Vorstand des Pirnaer Rudervereins 1872 e.V.
Johannes Zeibig, Vorsitzender